Das Cartell

© Schneeweiß-Arnoldstein, 2. Oktober 2006

Die Schüssel-Desaster

Die Pensionistenriege rund um Wolfgang Schüssel hat — bis auf eine Wahl — so ziemlich alle Wahlen verloren, die es zu verlieren gab:

— Nationalratswahl 1995
— Nationalratswahl 1999 (hier sogar auf die dritte Stelle zurückgefallen)
— Die Europaparlamentswahlen 1999 mit Ursula Stenzel
— Die Europaparlamentswahlen 2004 mit Ursula Stenzel
— Die Bundespräsidentenwahl 2004 mit Ferrero-Waldner
— Nationalratswahl 2006 (mit einem Einbruch von –8 %)

Zudem hat die ÖVP die jahrzehntelange Vorrangstellung (bisher immer in ÖVP-Hand) und somit auch den Landeshauptmannsessel in der

— Steiermark 2005 und in
— Salzburg 2004 verloren.

In Oberösterreich konnte sich gerade noch mit Hilfe der Grünen in die Regierung retten.

Einzig die Nationalratswahl 2002 hat Schüssel nach der versuchten Selbstzerstörung der damals zweiten Kraft in Österreich, der FPÖ, gewonnen.

Als regierende Kanzlerpartei 25 % (im Vergleich zur Nationalratswahl 2002 mehr als eine halbe Million Wähler; 2002: 2.076.833 Stimmen, 2006 nur mehr knapp 1,5 Mio.) der Stimmen (von 2002) zu verlieren, während der politische Konkurrent von einem kaum zu übertreffenden Politdesaster (BAWAG) durchbeutelt wird, dürfte einmalig bleiben.

 

Die Gründe

Es war 1999 ein politischer Glücksfall, als Wahlverlierer und erstmals nur mehr drittstärkste Partei den Kanzler stellen zu können. Der Mehrheitsgeber FPÖ hatte nach schweren politischen Fehlern mit dem „Supergau“ Knittelfeld (der allerdings eine politische Bereinigung gebracht hatte) de facto eine Art Selbstauflösung betrieben, die Schüssel 2002 nützen konnte.

Doch ab dann ging es bergab: Eine Partei, die sich jahrzehntelange über die Prolo-Minister der SPÖ lustig gemacht hatte, trifft eine katastrophale Personalauswahl (siehe auch: Schüssels Schachtelkabinett):

— ein Polizist als Verteidigungsminister
— die „Brechmittel“
       — Rauch-Kallat als Gesundheitsministerin und
       — Gehrer als Wissenschaftsministerin
— eine Ex-Sportlerin (vor fast 40 Jahren!) Prokop als Innenministerin
— der linke Franz Morak als Staatssekretär und
— der mehr als bloß uncharismatische Molterer als Klubobmann
— ein an der Matura Gescheiterter als Wissenschaftssprecher (Kbr. Werner Amon)

Sieben politische Spitzenfunktionen (zudem alle ohne akademische Ausbildung) im politischen Wettstreit vorzugeben, war nicht sehr erfolgbringend, ließ aber regierungsintern der Person Schüssel ausreichend Platz für Selbstdarstellung.

Zudem eine unsensible Belastungspolitik (ein ausgeglichenes Budget ist der ÖVP auch nur durch einmalige Verkäufe und durch das Ausnützen von Budgetierungs-„Tricks“ gelungen), ein stetes Verärgern der Kernwählerschichten (linke Kulturpolitik, verfehlte Bildungspolitik, Abtreibung, Schwulenpolitik, Anbiederung an die USA und an Brüssel, Eintreten für einen Türkei-Beitritt, der ideologisch zuwiderläuft, aber vom Wirtschaftsbund betrieben wird) und das Überziehen der politischen „Super-Tricks“ (BZÖ-Abspaltung; FPÖ-Wahllistenposition; Retourkutsche an das BZÖ wegen der ORF-Wahl, egal, ob die ÖVP Gastinger tatsächlich ein Angebot gemacht hat oder nicht: es liegt die Vermutung nahe).

Und selbst der katholische Faustpfand der ÖVP, Cbr. Andreas Khol, hat sich aus wahltaktischen Gründen den Moslems zugewendet und sich für die Errichtung einer Moschee in Innsbruck eingesetzt – allerdings „ohne Turm“, wie Khol verharmlosend ein Minarett bezeichnet.

Die ÖVP-Wirtschaftsbündler um Schüssel waren stets bereit, für Wirtschaftsinteressen die ideologische Basis zu verkaufen. Gepaart mit fehlender Sensibilität für das politisch Machbare stürzen sie die ÖVP immer wieder in das politische Abseits.