Von Prof. DDr. Robert Prantner, Am
„Die detaillierte Ermittlung hat ein gleichsam kriminalistisches Frageschema zu respektieren: „Warum – Wann – Wie – Wo – Wer“ Das „Warum“ zielt auf das Erbe Christi, das „Wann“ auf knappe zwei Millennien von christlicher Existenz auf dem blauen Planeten, auf das „Wie“, nämlich die gräßliche Palette von blutigen Spielen in den Kolosseen des Römischen und anderer Reiche bis zu den Fallbeilen der Französischen Revolution, der Archipel Gulags und zu den administrativen Quälereien und Aussperrungen verwaltungsrechtlicher Natur in sogenannten Diktaturen und sogenannten Demokratien, das „Wo“ auf den ganzen Erdkreis mit seinen fünf Kontinenten, das „Wer“ schließlich auf christliche Rechtsusurpatoren wie marxistisch-leninistische Heilsbringer, auf Anglikaner, die Katholiken meuchelten, niederländische Protestanten und Schwyzerische Calviner, die einen Kapuzinerprediger nach dessen Glaubenszeugnis auf einer Kanzel zu Tode lynchten und „gläubige Orthodoxe“, die den unierten Bischof Josaphat schlicht ermordeten.
Von den Massakern, die christliche „Ritter“ unter den verschiedensten Völkern auf ihren Kreuzzugstoren in blutigstem Fanatismus als vermeintlich gottgewollte gute Tat gestaltet hatten, kann man als Christ, dem Liebesgebot unterstellt, nur mit reuevoller Schamröte sprechen.
Um keine falsche Eingangsdüsternis zu fabrizieren: die Verfolgungen „Christen gegen Christen“ sind historische Schuld und damit Geschichte. Begonnen hat es, wie Christen glauben, mit der Menschwerdung der zweiten göttlichen Person zu Nazareth, um durch Kreuzestod und Auferstehung die Menschheit vor der Erbschuld zu erlösen und damit jedem einzelnen Menschen – sagen wir es mit den Worten traditioneller Schulkatechese – „den Weg in den Himmel zu öffnen“. Für Erwachsene übersetzt: ein ewiges Leben in der Seligkeit des dreifaltigen Gottes zu erschließen.
Geheimnis ist und bleibt es, warum Gott diesen Weg der völligen Entäußerung – die Griechen sagen „kenosis“ – bis zum Tod am Kreuze nach einer in den Evangelien gut dokumentierten Verfolgung durch das zeitgenössische Judentum des damaligen Palästina, gewählt hat. „Haben sie mich verfolgt“, belehrt der Meister, „werden sie auch euch verfolgen“. Sei doch der Schuler nicht über seinem Meister. Man lese etwa im Matthäusevangelium Kapitel 10, 17–23. Hört man das Schlagwort „Christenverfolgung“, so fällt einem zunächst das Altertum ein und da wieder denkt man wieder vorzugsweise an die Versuche des römischen Staates von Kaiser Nero bis Kaiser Diokletian, also, etwa vom Jahre 64 bis ins 4. Jahrhundert n. Chr. hinein. Die Art der damals verhängten Strafen läßt erkennen, daß man den Christen die Schuld am Brande Roms gab, obgleich der Vorwurf „des Hasses gegen das Menschengeschlecht“ noch mehr wog. Dies erfahren wir von Tacitus in dessen „Annalen“ (15, 44). Die Taktik des römischen Staates gegenüber den Christen änderte sieh mehrmals. Eine „allgemeine“ Christenverfolgung beschwor etwa die allgemeine Restaurationspolitik des Kaisers Decius (249 bis 251) herauf, der durch ein Opferedikt alle Untertanen zum Staatskult verpflichtete, dies mit dem Ziele, die „Verlorenen“ zurückzuführen. Unter dem erwähnten Kaiser Diokletian und dessen „Mit-Kaisern“ erreichte die Christenverfolgung ihren Höhepunkt.
Und wie wurde dann der Friede zwischen Kirche und römischem Staat eingeleitet? Das Edikt des Galerius im Jahre 311 und die Abmachung zwischen Kaiser Konstantin und Licinius 313 in Mailand setzte den Schlußpunkt. Schön und berührend die Episode der so genannten „Konstantinischen Wende“, die am 28. Oktober 312 mit dem Sieg bei der Milvischen Brücke stattgefunden hat. „In diesem Zeichen wirst du siegen“. In hoc signo vinces … Eine perfekte historische Beglaubigung dafür gibt es allerdings nicht.
Wie viele ermordete Christen dürfte es in diesen knapp 250 Jahren gegeben haben? Vermutlich um die 3.000 Seelen sind es gewesen, wie nahezu alle Historiker des Altertums übereinstimmend berichten. Die weitaus ernstere Bedrohung war das Vordringen des Islams, vor allem seit dem 7. Jahrhundert in Vorderasien, Nordafrika und im Süden Europas. Der Islam war und blieb der historische Erbfeind des Christentums!
Die Osmanen eroberten 1453 Kostantinopel, vernichteten das byzantinische Kaisertum und beherrschten Teile Südosteuropas bis Anfang des 20. Jahrhunderts. Man blicke auf den Balkan: Albanien wurde vom Islam dominiert, wie im 20. Jahrhundert vom militanten Kommunismus.
Die Aufklärung, die Ausbreitung der ersten Großloge von London, Rationalismus und Infragestellung des Christus; Anspruchs „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“, a1s Kampfansage der masonischen Kernphilosophie von der Relativität der Wahrheit und deren „Plural“ öffnen ein neues Fakt der Christenverfolgung auf die Französische Revolution hin. Frontalangriffe auf die katholische Kirche: Angriffe allgemeiner, ideeller Art, Enteignung des Kirchenbesitzes, Aufhebung der Orden, Bedrängung, Verfolgung des Weltklerus, Attacken gegen Papst Pius VII.
Das 19. Jahrhundert verbreitert die kirchliche, vermeintliche Katastrophen die politischen Entwicklungen Europas mit ihren neuen Revolutionen, Kulturkämpfen, einem kaum vermuteten, bösartig militanten Liberalismus, der etwa in Übersee, nämlich Mexiko 1850, zu einer antikirchlichen Diktatur führt. Man erinnere sich des Benito Juarez (1861 bis 1897) und in Frankreich blüht der Antiklerikalismus mit kirchenfeindlichen Gesetzen (1880 bis 1905), in Portugal wird das Kirchengut eingezogen (1911), in Armenien werden die Kirchen hart unterdrückt. Armenien dient unseren Reminiszenzen als Signal über das unselige Wirken des Islams, der ebenso wie der türkische Nationalismus die Menschen um Erewan vernichtend attackierte. Zwischen 1895 und 1916 kamen eine Million christlicher Armenier im türkisch geführten Völkermord neue Leben. 1921 bis 1922 wurden die Griechen aus Kleinasien, einem der ältesten Territorien des Christentums vertrieben. Ab 1917 eskaliert die Unterdrückende Politik Mexikos bis zum „Verbot total“. Die Kirche versinkt in den Untergrund. Über 5.800 Märtyrer in Mexiko, knapp doppelt so viel als im alten Rom der Antike. Ausländische Kommunisten zeigen, was sie bei Marx und Lenin gelernt hatten. Alle Bischöfe werden ausgewiesen, die Priesterseminare werden geschlossen, die atheistische Jugenderziehung eingeführt.
In Spanien entbrennt 1931 ein Kirchen- und Klostersturm, der nach Bildung der von der Sowjetunion unterstützten „Volksfrontregierung“ neu aufflammt (1936) und bis 1939 anhält. 2000 Kirchen wurden zerstört, 6.000 Priester, Seminaristen, geistliche Schwestern, Brüder und katholische Laien ermordet.
Im Zweiten Weltkrieg bedrücken die Japaner die Christen in Korea, China, auf den pazifischen Inseln und Neuguinea. Nach Entstehung der „Vereinigeen Staaten Indonesiens“ (1949) setzt auf Celebes islamischer Druck gegen das Christentum ein.
Und wie steht es mit dem bolschewistischen Machtbereich, der im 20. Jahrhundert in der Thematik „Christenverfolgung“ dominiert? Längst gibt es große Publikationen. Es sei nur die markante Linie gezeichnet. In der UdSSR verfestigt sich die von Lenin geprägte Ideologie des Bolschewismus´. Dies wird zur Grundlage für die antireligiöse Propaganda und zur Verbreitung des Atheismus’. 1917 bis 1937 werden mit geringen Unterbrechungen die Christen fast aller Konfessionen grausam verfolgt. Während sich mit der Moskauer Patriarchatskirche 1941 ein Modus vivendi anbahnt, bleiben die Verfolgungen der Katholiken des lateinischen und unierten Ritus’ bestehen.
Im Zuge des II. Weltkriegs dehnt die Sowjetunion ihre Macht im Baltikum, in Ostmitteleuropa und in Südosteuropa aus. Verfolgungen in Litauen, Lettland, Estland, in der westlichen Ukraine stehen am Anfang. Dann folgen im Zuge der roten Herrschaft die empfindlichen Unterdrückungen in Polen, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, in intensivster Manier in Albanien, in dem „die Kirche abgeschafft wird“. Jugoslawien und die „DDR“ sind nahezu wie selbstverständlich zu erwähnen.
Die Methoden des Kirchenkampfes wechseln wie kalte und heiße Güsse: staatliche Einflußnahme auf nahezu sämtliche kirchliche „Personalia“ , sei es Abberufungen, Neueinsetzungen, Schicksal vakanter Bischofsitze, erzwungene Loyalitätserklärungen, kirchliche Gesetzgebung, Gefangenschaft, Schauprozesse, Deportationen, Verurteilungen mit blutigen Konsequenzen, Auflösung religiöser Gemeinschaften, in Rumänien, der Slowakei und anderen Zonen des Moskauer Einflußbereich.
Die Christenverfolgung im 20. Jahrhundert erweist sich in ihren Methoden und ihrer Zielsetzung bedrohlicher als alle früheren Angriffe auf das Christentum. Würde man im Rückblick auf totalitäre Regime des 20. Jahrhunderts in der Fragestellung „Drittes Reich“ und Nationalsozialismus, mit dem Heiligen Stuhl zunächst in religiösen Bereichen rechtlich vernetzt, die Realitäten unterspielen so, so wäre dies Blindheit. Der ganze Anspruch auf den Menschen, Rassenideologie sowie das Postulat eines „arteigenen deutschen Christentums“, die sich mit anderen Ideen zu einem Religionsersatz vermengten, waren sowohl mit der katholischen als auch der lutherischen Konfession unvereinbar. sogenannte „Entkonfessionalisierungsmaßnahmen“ im öffentlichen Leben erwiesen sich bald als Ansätze zur Entchristlichung Deutschlands. Um den Widerstand der Katholiken und Protestanten zu brechen erließ das Dritte Reich eine Serie von Gesetzen. Papst Pius XI. protestierte am 14. März 1937 „gegen die Machenschaften, die von Anfang an kein anderes Ziel kannten als den Vernichtungskampfe. Prozesse, Verhaftungen und Verurteilungen sollten die Wortführer des Christentums beseitigen. Die Konzentrationslager füllten sich mit Opfern der Kirchenverfolgung.