„Klestils Totentanz“, Angelobung der neuen Regierung, Februar 2000: Unwürdiges Verhalten eines Cartellbruders
Ernst Hofbauer (Baj): „Unsere Klestils – Ein Paar geht seinen Weg“, 319 Seiten, Hardcover, Schutzumschlag, 25 Euro, Ibera-Verlag, Wien, 2002, ISBN 3-85052-132-X
© Schneeweiß-Arnoldstein, 14. und 26. April 2001
Wahlkampf 1992, Wahlkampfleiterin Margot Löffler und Edith Klestil umarmen den Glücklichen: Cbr. Thomas Klestil setzt auf den Familienmenschen Thomas Klestil
Anfang April erschien die zweite Publikation von Cbr. Ernst Hofbauer (Baj) über den Bundespräsidenten Cbr. Thomas Klestil (Baj): „Unsere Klestils” (Ibera-Verlag, Wien, ISBN 3-85052-132-X) beschreibt die private Szenerie hinter dem oft sonderbar anmutenden Verhalten des repräsentationsfreudigen Bundespräsidenten, dem ein nicht zu unterschätzender Aufstieg vom tschechischstämmigen Straßenbahnersohn aus ärmlichen Erdberger Verhältnissen gelungen ist.
Üblicherweise gilt eine Scheidung und eine nachfolgende Wiederverheiratung als Bruch des Prinzips Religio (Katholizismus) im Österreichischen Cartellverband und führt zum Hinauswurf (Dimissio) aus der Verbindung.
Nicht so bei Cbr. Klestil: „Einen Bundespräsidenten könne man nicht dimittieren”, war eine der Antworten. Und das bei jemandem wie Cbr. Klestil, der einst stolz behauptet haben soll, wenig mit seiner Verbindung „Bajuvaria” zu tun zu haben. Verschärfend ist in dieser Hinsicht noch dazu die negative Vorbildwirkung und die Öffentlichkeit, in der Cbr. Klestil seine „Bangkok-Liebe” Margot Löffler zu seiner Wahlkampfleiterin machte, seine Scheidung von Edith Klestil bis hin zur Unterhaltshöhe abhandelte. An seiner „Mesalliance” (aus katholischer Sicht) soll bis dato auch eine Audienz bei Seiner Heiligkeit, Papst Johannes Paul II. (S. 242), gescheitert sein.
Mag sich Cbr. Thomas Klestil schon als repräsentationsfreudig und sich gerne im Mittelpunkt stehend sehen, so scheint seine zweite Ehefrau (nach kirchlichem Recht wohl bloß Konkubine, da seine kirchliche Ehe nicht aufgehoben wurde) diese Eigenschaft perfektioniert zu haben: Cbr. Ernst Hofbauer beschreibt die Freude zum deutschen Nobelausstatter „Escada” wie folgt (S. 115): „Große Abendrobe bekommt Margot Klestil-Löffler zu Repräsentationszwecken geliehen. Seit Ende der neunziger Jahre darf die Gattin des Bundespräsidenten ihre bis zu 100.000 Schilling teuren, prunkvollen Luxuskleider daheim behalten. Eine sanfte Umschreibung für Werbegeschenke an die Gemahlin des Bundespräsidenten, die als Leiterin des Büros des Generalsekretärs im Außenministerium in der Dienstklasse VII damals 38.000 Schilling netto verdient hat. Eine Rückgabe der speziell für Margot Klestil-Löffler angefertigten Lifestyle-Mode an die Münchner Modemacher dürfte bei den Gardemaßen der Gemahlin Thomas Klestils (1,78 m, Kleidergröße 38) kaum in Frage kommen. Selbst bei sparsamster Lebensführung der ‚First Lady‘ dürften die ‚Escada‘-Rechnungen dennoch ihre Einkommensverhältnisse und die des Bundespräsidenten ein wenig übersteigen. Wie sie die Finanzierung ihres ‚Escada‘-Glamours dennoch schafft, gehört zu den selbst in ihrem Freundeskreis ungelösten Mysterien.” Beachtlich, wenn man bedenkt, daß sich einfache Beamte bei Firmenbesuchen im Rahmen ihres Dienstes nicht einmal recht ein Getränk anzunehmen getrauen, um sich nicht dem Vorwurf der Geschenkannahme bzw. Bestechlichkeit auszusetzen.
Eine besonders diskussionswürdige Rolle hat Cbr. Thomas Klestil bei der Regierungsbildung 1999/2000 gespielt: Bei seiner Wiederwahl zum Bundespräsidenten hatte Cbr. Thomas Klestil (wie auch bei seinem Trauzeugen Michael Häupl anläßlich seiner Wiederverheiratung) stark auf sozialistische Unterstützung (in seinem Wahlkommittee) gesetzt. Nun galt sein Bemühen augenscheinlich, die sozialistische Regierungsbeteiligung (als Dank?) zu erhalten. Die von ihm verordneten „Sondierungsgespräche” zogen sich Monate dahin und führten zu einer veritablen Staatskrise durch die ungeklärte Regierungskonstellation (Wahl am 3. Oktober 1999, bis Ende Jänner 2000 keine neue Regierung).
Als der ÖVP-Obmann Wolfgang Schüssel die Sache selbst in die Hand nahm, kam es binnen Kürze zu der Regierungskonstellation (augenscheinlich gegen den Willen Klestils), die zum bekannten Angelobungsgesicht Klestils führte.
Cbr. Ernst Hofbauer dazu (S. 173): „Im Präsidentschaftskampf 1997/98 beschuldigte Thomas Klestils Rivale Richard Lugner in Pressekonferenzen den Bundespräsidenten ‚seine Löffler nach Holland zum Abtreiben‘ geschickt zu haben. Dort hätte er ‚sie dann zweimal mit dem Flieger besucht… Auf Staatskosten versteht sich‘ (‚News‘, Nr. 47/1997). Thomas Klestil und seine damalige Lebensgefährtin Margot Löffler enthielten sich jedes Kommentars, erstatteten aber auch keine Anzeige wegen Verleumdung. Nach langem und reiflichem Überlegen erstattete der Wiener Rechtsanwalt Otto Ludwig Ortner am 11. Juni 1998 bei der Staatsanwaltschaft des Landesgerichts Wien gegen Richard Lugner Strafanzeige wegen Verleumdung und/oder gegen den Bundespräsidenten wegen ‚Nötigung und Anstiftung zur Ermordung des eigenen Kindes‘. (…) Mit Schreiben vom 14. Juli und vom 20. August 1998 wurden beide Anzeigen vom Staatsanwalt Georg Karesch zurückgelegt, weil die ‚Staatsanwaltschaft keine genügenden Gründe gefunden hat, gegen die Angezeigten ein Strafverfahren zu veranlassen.‘ Dabei überraschte nicht nur die unübliche Eile bei Erledigung dieser der Oberstaatsanwaltschaft und dem Justizminister in Anbetracht der involvierten Persönlichkeit berichtspflichtigen Anzeige, sondern auch die Tatsache, daß der ‚Verleumder‘ Lugner von der Staatsanwaltschaft nach eigenem Bekunden nie einvernommen wurde.” Cbr. Thomas Klestil sah in dieser Darstellung (schon vor Veröffentlichung des Buches), den Vorwurf der Nötigung zur Abtreibung [den wir nicht erkennen können, es ist vielmehr eine Sachverhaltsdarstellung von Äußerungen des Wiener Baumeisters Lugner und daraus resultierender Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft; berichtenswert aber, weil offenbar seitens Cbr. Klestils gegen Lugner keine Anzeige eingebracht wurde – im Unterschied zur „Lumpi“-Bezeichnung durch den Salzburger Politiker Karl Schnell – ein eigenartiges Mißverhältnis] und soll auf Unterlassung dieser (von Cbr. Ernst Hofbauer nicht getätigten) Behauptung geklagt haben. Das Handelsgericht Wien hat am 25. April 2002 gegen die Veröffentlichung eine einstweilige Verfügung erlassen.
Wenig Gespür (S. 175 ff.) zeigte man auch bei der Suche nach einer neuen Präsidentenunterkunft: Nach der arisierten „Gelben Villa“ in der Sieveringer Straße 245 (Eigentümerin damals: die rote Post- und Telegraphenverwaltung) soll die ebenfalls einst arisierte „Villa Skywa-Primavesi“ (damals: Schulungszentrum des roten Österreichischen Gewerkschaftsbundes) die freudigen Blicke der Präsidentengattin auf sich gezogen haben.
Auch der Wunsch nach einer 450 m2-Wohnung im Bereich der Spanischen Hofreitschule scheiterte nicht unerwartet.
Einen eigenartigen Eindruck auf ausländische Staaten muß die Eilfertigkeit gemacht haben, mit der Cbr. Thomas Klestil sich mit dem zuständigen Außenministerium scheinbar um die höchste Zahl an Auslandsbesuchen bzw. Auslandseinladungen wetteiferte. Ein händchenhaltendes Präsidentenehepaar bei einem Staatsbesuch in moslemischen Staaten wirkt nicht nur ein wenig lächerlich (zudem bei dem Alter des präsidialen Liebhabers), sondern ist zudem völlig deplaziert.
Ein besonderes mediales Interesse erfuhr Cbr. Thomas Klestil durch die angebliche Selbstverfassung von Interviews, um die die Medien ersucht hatten. Daß man die geplanten Themenbereiche, zT sogar die Fragen wörtlich vorzulegen hat, soll dann und wann schon vorgekommen sein. Ebenso die Einholung der Zustimmung des Interviewten vor Abdruck. Das Präsidentenehepaar soll hier – glaubt man der „Frankfurter Allgemeinen” und anderen Medien – eine für das eigene Erscheinungsbild vortreffliche Methodik entwickelt haben: die Selbstverfassung von Interviews, vollständig, inklusive der Fragen. Alfred Worm, „News”-Berichterstatter und Allzeit-Dabei bei Bundespräsidentenauftritten und somit erster Berichterstatter über die wesentlichen Dinge, die aus der Hofburg zu berichten sind, kam ob seiner doch recht zahlreichen „Interviews” (?) gar unter Bedrängnis und erntete den Spott aus dem Kollegenkreise. Und so ist es durchaus verständlich, wenn er Cbr. Ernst Hofbauer im „News” als „ganz üblen Schmierfink“ öffentlich beschimpft und meint, „seine (Hofbauers, Anm.) Methoden sind letztklassiger Kloakenjournalismus“. Zu erwarten ist hier eine klagsmäßige Klarstellung seitens Cbr. Ernst Hofbauers, aber auch seitens des ÖCV, da Worm „unbewiesene Gerüchte und bösartige Unterstellungen als Rache des CV” („News“, 14/2002, S. 50) unterstellt.
Alles in allem ein lesenswertes Buch, das die psychologischen Hintergründe für das oft sonderbar anmutende Verhalten des Herrn Bundespräsidenten (und seiner Gattin) in manchen Punkten, wenn schon nicht verständlicher, so doch erklärbarer macht.
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