Das Cartell
Das Cartell

© Schneeweiß-Arnoldstein, 10. Februar 2004

Kaiser Karl von Österreich — Vorbild im Glauben

Anmerkungen zu S. M. Kaiser Karl

Zur Biographie

Karl-Franz-Joseph, als Kaiser von Österreich Karl I., als Apostolischer König von Ungarn Karl IV., wurde am 17. August 1887 als ältester Sohn von Erzherzog Otto und Prinzessin Maria-Josefa von Sachsen in Schloß Persenbeug in Niederösterreich geboren und starb am 1. April 1922 im Exil auf der zu Portugal gehörenden Atlantikinsel Madeira. Begraben daselbst in der Kirche Nossa Senhora do Monte. Von seiner frommen Mutter gut Katholisch erzogen, begann er 1905 bei der Kavallerie seine militärische Ausbildung. 1911 vermählte er sich mit Zita von Bourbon-Parma, die ihm 1912 den ersten Sohn, Otto, schenkte, und mit der ihn lebenslang eine beispielhafte Ehegemeinschaft verband. Durch den von der politischen Elite Serbiens inszenierten Mord am Österreichischen Thronfolgerpaar in Sarajewo, der in Folge die Rückendeckung Rußlands, Frankreichs und Englands fand, wurde Karl Thronfolger nach Kaiser Franz-Joseph. Mit Ausbruch des Weltkrieges gewann er erste Einblicke in die Kriegführung. 1916 bewährte sich Karl im Kommando des 20. Armeekorps gegen Italien. Nach den schweren russischen Einbrüchen des gleichen Jahres ging Karl demonstrativ an die gefährdete Ostfront. Mit der weitreichenden Erschöpfung der Mittel der Monarchie in dem ihr aufgezwungenen Krieg konfrontiert, entwickelte Karl erste Pläne für einen Kompromißfrieden, um das für Europa so verhängnisvolle Schlachten zu beenden. Pläne, die Karl auch als Kaiser weiterverfolgen sollte, die aber alle schließlich an den Machthabern der Entente scheitern würden. Mit dem Tod Kaiser Franz-Josephs am 21. November 1916 mußte Karl in schwerster Zeit und unter nahezu aussichtslosen Verhältnissen den Thron der Monarchie besteigen. Angesichts des auf Messers Schneide stehenden Kriegsausganges entschied sich Karl, hierin von seiner politisch begabten Gemahlin Zita unterstützt, für einen Kurs weitreichenden Kompromisses im Inneren. Damit wird verständlich: die Einschränkung der politischen Kompetenzen des Armeeoberkommandos und der Wechsel in seiner Führung, die Karl begreiflicherweise als Schwäche ausgelegte Amnestie für politische Verbrechen, seine innenpolitischen Reformpläne und Zugeständnisse. Karls politisches Hauptanliegen war die Wiederherstellung des Friedens. Nachdem die aufgrund ihrer enormen materiellen Überlegenheit auf Sieg setzenden Alliierten das Friedensangebot der Mittelmächte Ende 1916 zurückgewiesen hatten, ging Karl mutig das Risiko ein, durch die Vermittlung des auf gegnerischer Seite kämpfenden Bruders von Kaiserin Zita, Prinz Sixtus von Bourbon-Parma, über Frankreich nochmals Friedensgespräche herbeizuführen. Diese und alle weiteren Sondierungen, die Karl noch über Vermittlung des Papstes, des Königs von Spanien und des Königs von Belgien versuchte, blieben ergebnislos, da sie von einer maßlosen politischen Führung im Lager des Gegners vor allem als Schwäche gedeutet und als Instrument der Destabilisierung der Mittelmächte begriffen wurden. Deshalb kam es auch 1918 zur ehrlosen und desavouierenden Veröffentlichung der vertraulichen Friedensbemühungen Karls (mit der Spottbezeichnung „Sixtus-Affäre“ belegt) durch Frankreichs Ministerpräsidenten Clemenceau. Der nach der umfassenden Niederlage Rußlands sich schließlich doch abzeichnende Sieg der Mittelmächte wurde durch das Eingreifen der Vereinigten Staaten verhindert, die nunmehr ihr ganzes großes Gewicht zugunsten der Entente entfalteten. Dem mit Herbst 1918 übermächtig gewordenen Druck an den Fronten konnten die bis zur Erschöpfung streitenden Armeen der Kaisermächte nicht mehr standhalten; das allmähliche Zusammenbrechen der kämpfenden Truppen kombinierte sich mit von außen her geschürten inneren Verfallsprozessen. Letzte politische Stabilisierungsversuche des Kaisers, so sein Völkermanifest vom Oktober 1918, blieben angesichts ausbrechenden nationalen Größenwahns und sozialistischer Umsturzagitation wirkungslos. Mit dem Zerbrechen des Staates und mit drohendem Bürgerkrieg konfrontiert, entschloß sich Karl nach Vorsprache seiner politischen Berater zum politischen Opfer der eigenen Person. In seinem Manifest vom 11. November 1918 erklärte er seinen Verzicht an den Staatsgeschäften, durchaus aber nicht seine Abdankung. Die maßgeblich von den Sozialisten betriebene putschartige „Ausrufung“ der republik anerkannte Karl nicht, zumal diese ohne Volksabstimmung über die Staatsform zustandegekommen war. Die Sozialisten erzwangen daraufhin, durch Bedrohung der Familie des Kaisers, seinen Gang ins Exil. Am 24. März 1919 verließen Karl und seine Familie die Heimat; in Feldkirch, vor dem Grenzübertritt, bekräftigte Karl seine Souveränitätsrechte und protestierte gegen den Landesverweis. Erste Exilstation wurde die Schweiz. Nach Beratungen mit Gefolgsleuten aus den alten Kronländern und angesichts der erfreulichen Tatsache des Scheiterns diverser linksextremer Umsturzversuche in Mitteleuropa, versuchte Karl im Frühjahr und Herbst 1921 unter hohem persönlichem Einsatz die Restauration in Ungarn durchzusetzen, scheiterte jedoch beide Male. Die Siegermächte erzwangen zur Verhinderung weiterer politischer Schritte des Kaisers eine neuerliche Exilierung; Verbannungsort wurde die fernab gelegene Atlantikinsel Madeira, wo Karl schließlich, durch die ärmlichen Lebensverhältnisse, durch ungünstiges Klima und wohl auch durch seelische Erschöpfung stark angegriffen, 1922 an der Grippe starb.

Nach den historischen Erfahrungen der Jahrzehnte zwischen 1918 und 2004 muß man sagen, daß eigentlich sämtliche politischen Vorstellungen des zu seiner Zeit weitreichend gescheiterten Kaisers in die richtige Richtung wiesen; jene seiner zahlreichen siegreichen Kontrahenten aber ungeheuerliches blutigstes Inferno und politischen Niedergang für Europa und seine Völker bewirkt haben. Selbst die „Siegermächte“ Frankreich und England hätten, auch nur auf ihre eigensten Interessen bezogen, auf lange Sicht besser entschieden, hätten sie den von ihnen mitangezettelten Ersten Weltkrieg nicht bis zur bitteren Neige durchgefochten; ein Kompromiß 1916 oder 1917 wäre besser gewesen für Europa und die Welt, als der rechtlose und abgründige Sieg von 1918.

Zur gegenwärtigen Polemik gegen die Seligsprechung des Herrschers

Wir haben es schon 1996/1997 so geschrieben, als damals bereits die Seligsprechung Kaiser Karls erwogen wurde und erstmals massive Polemiken losbrachen; und wir wiederholen uns jetzt aus Anlaß des für Herbst 2004 vorgesehenen feierlichen Ereignisses. Die liberalen Medien und die etablierten politischen Kreise hierzulande mögen Karl I., den vorläufig letzten Kaiser von Österreich, gar nicht. Erstens war er ein Habsburger, zweitens ein Katholik, drittens naturgemäß kein Linker. Diverse Zeitgeistmedien dilettieren in Geschichte und „berichten“ Abfälliges über den Monarchen. Karl hätte „Reich und Ehre der Habsburger verspielt“ konnte man im Jänner anläßlich des Bekanntwerdens der Entscheidung des Papstes in der „Coverstory“ einer berüchtigten hiesigen Linksgazette lesen; er habe (— ein mittlerweile schon mehrmals in seiner Lächerlichkeit entlarvter Vorwurf) „Giftgas einsetzen“ lassen; Karls Person umrankten „fromme Anekdötchen“, da seine Biographen eher der „Kaiser-Karl-Gebetsliga“ angehörten (und eher nicht der liberalen Medien­mafia), weshalb denn angeblich auch „ausgewogenes Material“ über den „Kurz­­zeitmonarchen“ rar sei; es gäbe angeblich „nichts Heroisches an Karls Leben“ und oft wäre er (ganz unpassend für heutige Zustände) „in die Kirche gegangen, anstatt Entscheidungen zu treffen“ und wäre „ein schwacher und unsicherer Mann“ gewesen; er habe überhaupt eine „anachronistische Art der Frömmigkeit zelebriert“ und schon der (moralisch fragwürdige und klar kirchenfeindliche) Literat Schnitzler und auch der Sozialist (und notorische Opportunist und republik-Gründer) Renner hätten Schlimmes über den Kaiser beziehungsweise seine geistlichen Berater aufnotiert; ultraprogressistischer Linksklerus und Mainstream-Historiker werden mit empörten Kommentaren zur Seligsprechung zitiert und schließlich (sehr enthüllend) wird die Befürchtung geäußert, daß Karls Seligsprechung „ein Zeichen dafür wäre, daß der kämpferische politische Katholizismus wieder da ist“. Dieser Befürchtung gerecht zu werden, soll uns freilich hohe Verpflichtung sein.

Zum Krieg gegen Italien — Erste Anmerkung

Auf kaum einen der Vorwürfe lohnt es, näher einzugehen; lediglich die Giftgasgeschichte verdient genauere Betrachtung, weil sich in ihrer häufig wiederkehrenden denunziatorischen Aufbereitung die ganze Verlogenheit zur Darstellung bringt, mit der heutzutage an die historischen Fakten Österreichischer Geschichte herangegangen wird. Grundvoraussetzung moderner „Geschichtsschreibung“ über Österreich dürfte sein: alles ist schlecht, was nicht Aufklärung, Revolution, Liberalismus und Sozialismus bedeutet. Von daher ist es klar, daß es Kaiser Franz-Joseph und nicht den Entente-Mächten unterstellt wird, den Ersten Weltkrieg „angezettelt“ zu haben, und von daher ist auch klar, daß Kaiser Karl mit dem Terminus „Giftgas“ moralische Minderwertigkeit und Kriegsverbrechen zugeordnet werden. Die Katholischen Monarchen Österreichs also auf einer Stufe mit dem National-Sozialismus; das Katholische Österreich ein Hort der Bestialität. Diese Botschaften stecken hinter dem Giftgas-Vorwurf, und aus diesem Grunde findet gerade dieser Vorwurf so bemühte und beständige Wiederholung. Es ist völlig richtig, daß bei der Zwölften Isonzoschlacht, der siegreichen Offensive der Mittelmächte gegen das feindliche Italien im Oktober 1917 also, hochwirksames deutsches Giftgas eingesetzt wurde; eine die Schlacht mitentscheidende Waffe, mit welcher der Durchbruch durch die überaus starke italienische Front erzwungen wurde. „Enthüllungen“ über den „zynischen“ und „besessenen Militaristen“ Karl verwiesen schon in der Sudelkampagne gegen die Seligsprechung von 1996 ganz zentral auf diesen angeblich „völkerrechtswidrigen“ Giftgaseinsatz. Lieb und rührend, die Betroffenheit unserer auch in Zeiten von „Sparpaketen“ und Sozialabbau gut dotierten Medien-Schickeria über die Verletzung des „Völkerrechts“ im Jahr 1917. Wann je vernahm man aus diesen Kreisen gleiche Betroffenheit über den gegenwärtigen Massenmord der Abtreibung (ist wahrscheinlich nicht „völker­­rechtswidrig“)? Ganz abgesehen davon, daß man sich um das „Völkerrecht“ in Kriegen, damals wie heute und von allen Seiten, mit ganz wenigen Ausnahmen, nicht bekümmert, war überhaupt der Kriegseintritt Italiens ein Paradefall eines Bruches der moralischen Maßstäbe und ging jeglichem Giftgaseinsatz beider Parteien ja voraus. Italiens militärische Führung betrieb eine Strategie des Ausblutens ohne Rücksicht auf die eigenen Truppen. Denn Italien verfügte gegenüber Österreich, bedingt durch die zahlreichen anderen Gegner der Monarchie, vor allem durch den ungeheuren Kräfteverzehr der Front gegen Rußland, über eine gewaltige Übermacht an Soldaten und Material. Hunderttausende und aberhunderttausende tapfere, zumeist Katholische und vielfach gar nicht kriegsbegeisterte Italiener wurden von ihrer politischen und militärischen Führung gnadenlos gegen die ebenso tapfer verteidigten Österreichischen Stellungen gehetzt. Die Übermacht sollte die Österreicher niederwalzen. Die Hauptangriffsrichtung zielte über das Tal des Flusses Isonzo nach Triest und Laibach. In elf ungeheuer blutigen Isonzoschlachten versuchten die italienischen Generäle die Zertrümmerung der Österreichischen Verteidigung zu erzielen. Der österreichisch-deutsche Gegenangriff im Oktober 1917 erfolgte gegen diese Übermacht und gegen ganz außerordentlich starke Stellungen. Der Gegenangriff wurde durchgeführt, weil er einerseits möglich und andererseits absolut notwendig geworden war. Die ungeheuren Verluste durch die nahezu pausenlosen italienischen Angriffe waren nicht mehr zu verkraften; die Monarchie kämpfte längst schon ums Überleben. Selbstverständlich bediente man sich dabei aller zur Verfügung stehenden Mittel. Etwas anderes wäre gegenüber den eigenen Soldaten ein Verbrechen gewesen — und Österreich war es ja, das den Verteidigungskrieg, und Italien war es, das den Angriffskrieg führte. Und eine der Hauptwaffen, deren sich die österreichisch-deutschen Schlachtenplaner bedienten, waren eben die deutschen Kampfgase. Ihr überraschender Einsatz bedeutete für viele italienische Soldaten den Tod — und für viele K.u.K. Soldaten das Überleben. Genau das eben ist Krieg. Und selbst wenn Kaiser Karl auf die österreichisch-deutsche Offensivplanung entscheidenden Einfluß gehabt hätte, was nicht der Fall war, diese lag nach der Entscheidung für den Angriff selbstverständlich in Händen der Fachleute, so hätte er wohl kaum die Möglichkeit gehabt, den Gasangriff zu verbieten. Mit welchem Argument auch.

Zum Krieg gegen Italien — Zweite Anmerkung

Man läßt in all den gegenwärtigen engagierten Ansudelungen gegen Kaiser Karl beflissen die Tatsache beiseite, daß es Italien war, das im Jahr 1915 den Krieg gegen Österreich begann. Der Entscheidung zum Krieg gegen das vertraglich überdies verbündete Österreich waren harte innenpolitische Kontroversen in Rom vorangegangen, in denen sich die National-Liberalen gegen die Kriegsgegner und die Päpstliche Politik durchsetzten, die Italien neutral halten wollten. Die Begründung, mit der sodann eine liberale und antikirchlich orientierte Regierung die Katholische Bevölkerungsmehrheit des eigenen Landes gegen das kurz zuvor noch verbündete Katholische Österreich auf die Schlachtbank schickte, war ziemlich einfach: „Heiliger Egoismus“. Mit den (durchaus brauchbaren) Normen des nach dem Zweiten Weltkrieg amtierenden Nürnberger Kriegsverbrechertribunals gemessen, wären Italiens damalige politische und militärische Führer schlicht als Anstifter eines Angriffskrieges und somit als Kriegsverbrecher hinzurichten gewesen.

Schlußbetrachtung

Man könnte sich bei all dem fragen, was es eigentlich die Linke angeht, ob die Kirche einen Katholischen Monarchen seligspricht oder nicht? Der links-liberale Meinungs- und Tugendterror unserer Tage freilich läßt längst schon den dahinterstehenden gewalttätigsten Totalitarismus erkennen. Ein Totalitarismus, der auch die Kirche zu instrumentalisieren und zu vereinnahmen trachtet. Der Habsburger der nicht „seliggesprochen werden darf“, korrespondiert mit anderen, die nicht seliggesprochen werden „dürfen“ (Papst Pius XII. zum Beispiel). Und man vernahm auch schon Forderungen gänzlich unzuständiger Gremien, wer hingegen seligzusprechen wäre — die Kirche, auch in diesen Angelegenheiten, soll gehorsame Erfüllungsgehilfin der herrschenden „demokratischen“ Ideologie werden. Derzeitigen Zuständen angemessene „Heiligsprechungen“ lassen sich natürlich leicht imaginieren. Liberalen Beifall erhielten sicher Giordano Bruno, Voltaire, Robespierre, Marx, Freud, Lenin. Daß Kaiser Karl tatsächlich jenen heroischen Tugendgrad besessen hat, der eine Seligsprechung rechtfertigt, hat die Kirche bereits festgestellt. An dem von der Kirche bezeugten Wunder, das auf Fürsprache des Habsburgers gewährt wurde, zu zweifeln, steht dem Katholiken nicht an. Gebetserhörungen über Anrufung Kaiser Karls haben wir im engsten persönlichen Kreis bereits erlebt. Solche Dinge passieren. Vielleicht bei Katholiken häufiger, als bei Atheisten. Ein Aspekt sei zum Schluß deutlich hervorgehoben. Karl war ein Katholischer Herrscher und stand für einen Katholischen und also humanen Gesellschaftsentwurf, den er versuchte, notgedrungen mit unzulänglichen Mitteln, durch die Katastrophe des Weltenbrandes hindurch zu erhalten. Das wohl ist der Hauptgrund, warum gegen seine Seligsprechung Stellung bezogen wird. Und genau das ist einer der zentralen Punkte, die für diese Seligsprechung zählen.