Das Cartell
Das Cartell

Von G. Schneeweiß-Arnoldstein

Botschafter Johann Josef Dengler, der Kämpfer für eine „ehrenhafte“ Norica, verstorben

Am 6. Februar 2011 wurde S.E. Cbr. Dr. Johann Josef Dengler im 90. Lebensjahr zu sich gerufen.

Der am 1. Juli 1921 in St. Georgen am Steinfelde/Niederösterreich als Sohn des späteren Christlich-sozialen Abgeordneten (ab 1934 Bundesrat, 1945 bis 1949 Nationalra) Josef Johann Dengler geborene Johann Josef Dengler besuchte das Stiftsgymnasium der Melker Benediktiner, das Gymnasium in Baden und maturierte im März 1939 mit Auszeichnung.

Durch den Vater geprägt, war er Gründer und Hauptbezirksführer der Christlichen Arbeiterjugend – Junge Front in Baden und ab 1937 Jungscharführer des Katholischen Jungvolks zu St. Stephan in Wien. Nach dem Einmarsch im März 1938 verhört und inhaftiert, Strafdienst in der Hitlerjugend. Kuriertätigkeit im Widerstand christlich-sozialer Gewerkschafter, u.a. zum späteren CDU-Gründer und dem letzten deutschen, christlichen Gewerkschaftsobmann Jakob Kaiser.

Cbr. Dr. Dengler war im katholischen Widerstand tätig und lehnte daher insbesondere das DÖW (Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes) als kommunistisch unterwandert und parteipolitisch orientiert strikt ab. Cbr. Dengler war Mitglied der „ÖVP-Kameradschaft der politisch Verfolgten“.

Ab 1941 zur Flak der Wehrmacht eingezogen, ab 1944 Leutnant der Reserve, ab September 1944 an der Ostfront, zwei Panzerabwehrzeichen, E.K. II, schwer verwundet. Nach Gefangennahme von den Amerikanern an die Russen ausgeliefert, bis 1947 in russischen Straflagern wegen Verweigerung von Spitzeldiensten, u.a. Gulag Mokraja bei Saporoschje.

Zu Weihnachten 1947 Rückkehr nach Wien, am 5. Jänner 1948 Aufnahme in die damals noch konservative Katholisch-akademische Verbindung Norica im ÖCV. Julius Raab und Figl bürgen für seine Gesinnungstreue. Ab 1948 Jus- und Dolmetschstudium in Wien, Tätigkeit im ÖABB, ab Oktober 1948 persönlicher Sekretär des Landesobmanns Dengler/ÖAAB. Im Jänner 1950 im BKAA, Personalabteilung tätig, im Oktober 1950 Promotion zum Dr. iuris.

Danach folgen Tätigkeiten an den Botschaften in Stockholm, Agram (derzeit: Zagreb), Budapest und Helsinki, zuletzt als Außerordentlicher und Bevollmächtigter Botschafter. Exekutivsekretär der Wiener KSZE-Folgekonferenz. 1986 tritt er in den Ruhestand.

Zentraleuropa, Familien und Lebensschutz

Alt-Landeshauptmann Ludwig nannte Cbr. Dengler wegen seiner Tätigkeit im Rahmen des von ihm 1975 gegründeten Vereins „Gesellschaft der Freunde einer Landeshauptstadt“ den Großvater der Landeshauptstadt St. Pölten.

Auch in der Pension bleibt der Vizestaatsmeister der Senioren (Squash) aktiv.

Im Februar des Wendejahres 1989 gründet er den „Demokratischen Klub für Zentraleuropa“ (mit Erhard Busek, Karl Fürst Schwarzenberg, Josef Krainer, Ludwig, Molden), dem er auch als Präsident vorsteht und auch in Budapest, Agram und Preßburg aktiv wird.

Seine beruflichen Kontakte nützt Cbr. Dengler auch in weiteren Vereinigungen der vom Kommunismus befreiten Oststaaten. So bedankt sich u.a. Kroatien mit hohen Auszeichnungen für seine Tätigkeit.

1994 wird er Auslandskorrespondent der kroatischen Tageszeitung „Vjesnik“, fünf Jahre später wird er Mitherausgeber der österreichischen Wochenzeitung „Zur Zeit“ (gemeinsam mit Andreas Mölzer und John Gudenus).

Er verfaßte zahlreiche Beiträge vor allem zum Thema Lebensschutz und Familien(förderung) sowie Zentraleuropa, u.a. für die „Kleine Zeitung“, „Junge Freiheit“, den „Standard“, die „Presse“ und „Zur Zeit“.

Sein Wirken wurde insbesondere durch die Verleihung des Päpstlichen Silvester-Ordens gewürdigt.

Kampf um Norica

Cbr. Dengler, ein Vertreter der „ehrenhaften Norica“, wird vor allem im Zuge der Auseinandersetzungen seiner K.a.V. Norica mit dem Gros der restlichen ÖCV-Verbindungen organisatorisch aktiv, als Norica Grundprinzipien über Bord wirft und nach einem gravierenden Rechtsbruch (Satzungsbruch, De-facto-Ablegung des Couleurs, Bruch des Männlichkeitsprinzips in Abstimmung mit der ÖVP, die, so Rauch-Kallat, das „Netzwerk Cartellverband den Mädchen öffnen wollte“) durch zahlreiche Semester hindurch im Wiener Cartellverband stimmrechtslos abgesondert wird.

Cbr. Dengler organisiert den verbindungsinternen Widerstand gegen den Rechtsbruch, prangert die politische Kooperation der Activitas mit der linksextremen Szene an (politische Veranstaltungen u.a. mit Wolfgang Purtscheller aus dem Ernst-Kirchweger-Haus der KPÖ in Wien, dessen Anarcho-Freundeskreis das Sprengstoff-Attentat in Ebergassing verübt hatte), was ihm in den „modernen, weltoffenen und toleranten“ Verbindungskreisen („das verbindungsinterne Problem mit den Mädchenaufnahmegegnern werde sich ‚biologisch‘ lösen“) seltsam gehässige Gegnerschaften einzelner CbrCbr Noricae eingebracht hatte. Eine Aufgabe der bewährten Prinzipien aus der Zeit seines Bbrs. Leopold Figl war bei ihm allerdings dadurch nicht zu erreichen.

Norica hatte zuvor mit ihren Trabantenverbindungen die Exekutivorgane des ÖCV dominiert, nach diesen Auseinandersetzungen verliert sie für viele Jahre fast alle Verbandspositionen.

Letzter Gruß

Am Freitag, 25. Februar 2011, begleiten wir Cbr. Johann Josef Dengler nach der Heiligen Messe in der Kirche zu St. Christoph (13.30 Uhr) in Baden, Freidrich-Schiller-Platz, auf seinem letzten Weg auf den Stadtfriedhof von Baden. Seiner Familie, insbesondere seiner Gattin, der Cellistin Prof. Gudrun Dengler, gilt unsere Anteilnahme. Cbr. Dengler war Vater von neun Kindern. Eine besondere Freunde waren ihm seine 30 Enkel- und Urenkelkinder.

Siehe auch

Ich verachte diese Demokratie – Keine Achtung für eine Staatsform, die ein Tötungsrecht der eigenen Kinder postuliert