Das Cartell
Nicht mehr christlich

Die ÖVP läuft dem Zeitgeist hinterher –
Von Cbr. Professor DDr. Robert Prantner
 

Einer der wortgewandten Vor-Redner der ÖVP brachte gelegentlich nicht einschlafende Zuhörer zum schmunzelnden Denken: „Der Mensch ist es, der alleweil in der Mitte steht. Jetzt müßte er von dieser Steherei schon langsam müde werden“. Kaum ein Wagehalsiger getraut sich, dabei über den Menschen zu reden, über Werte, die nichts Materielles aus einem Glücksfüllhorn ausgießen, sondern Opferbereitschaft, Verzicht, Treue, Einstehen zu Versprechen und – wären sie lebenslang – wie Ehe und Familie. Die ÖVP hat angesichts des Abrutschens ihrer Gesinnung mit dem Eintritt ins Dritte Jahrtausend nach Christus kapituliert. Christliche Glaubensinhalte, Religion überhaupt, sind ein Wissensblock, der offenkundig verdunstet ist.
Also: gibt es Spurenelemente einer christlichen Partei? Nein, auch die alte Christlichsoziale Partei und das katholische „Zentrum“ der Weimarer Republik repräsentierten nicht eine „christliche Partei“: eine solche müßte auch täglich liturgisch aktive Meß- bzw. Kirchenbesucher aufweisen und nur solche! Und die ohne Ausnahme, die Bischöfe oder Dechanten wären die leitenden Parteifunktionäre, der Papst in Rom Welt-Parteivorsitzender oder „-obmann“, wie man heute sagt. Julius Raab im O-Ton: „Wir haben 1945 keine Christenpartei, sondern eine Österreichische Partei des Volkes, mit Gläubigen und auch nichtreligiösen Patrioten im Auge gehabt.“ Heute, 2008, steht es schlimm um beide Elemente der Raabschen Ideen.
Personen sollten im ethischen Sinne auch Persönlichkeiten sein, starke, profilierte; viele, sehr viele sind heute in den sogenannten Koalitionsparteien schwache und sogar sehr schwache, wie die unglückselige ÖVP-Ärztin, die mit bunt bemalten Präservativen in die Schulen eilte, um den Überziehgummi zu verteilen, und nicht kapierte, warum ein Elternpaar – der Sohn ist 14jähriger Ministrant – tags darauf bei der Frau Doktor Minister erschien. In der „christlichen“ Volkspartei argumentiert man heute sehr munter darauf los, wie vernünftig doch eine „eingeschriebene Partnerschaft“ der „Homos“ wäre, um diesen Paaren und Paarinnen „soliden Halt“ zu geben. Und ein anderer Knabe oder auch eine Maid eines Lehrkörpers, die sich stolz zur ÖVP bekennt, meint: „Die Buben und Mädels sollten durch Fühlen und Greifen in den Geschlechtsteilen des anderen Geschlechts „lernen“ (!). Eine Religionslehrerin, Mitglied der ÖVP, hob ihren Kittel, weil keine Kinder zu einer analogen Handlung bereit waren. Dies war aber doch zuviel. Eltern aus jener Klasse klagten bei Gericht: „Verführung zur Unzucht“. Wie könnte man nun die Frage nach der Christlichkeit der Österreichischen Volkspartei – in zugegeben harter Diktion – beantworten?
• Keine politische Partei vermag sich, auf Grund der erläuterten Kriterien als „christlich“ auszuweisen. Aber sehr viele der politischen Parteien können auf Mitglieder und Funktionäre hinweisen, die bekennende katholische, evangelische und in Österreich auch orthodoxe aktive Christen sind. Die ÖVP will keine christliche Partei sein, weil sie Nichtreligiöse nicht ausschließen möchte.
• In der Programmatik der Österreichischen Volkspartei ist der „Schutz des Lebens“ ungenügend klar formuliert. Die sogenannte „Abtreibung“ – der Begriff strotzt vor Brutalität – ist einfach „Mord im Mutterschoß“.
• Pharmakologische Reglements zur Nicht-Konzeption werden auch in der ÖVP-Programmatik als „gleichsam“ selbstverständlich und „empfehlenswert“ verschwiegen. Die überwiegende Mehrheit, vor allem der Gynäkologen warnt vor schweren bleibenden Schäden.
• Alle naturrechtlich bedenklichen Verletzungen der sittlichen Gebote des Dekalogs werden im ÖVP-Programm ignoriert, sodaß die Bezeichnung „christlich“ auch der Programmatik nicht zukommen kann.
Ohne die Frage nach einer umfassenden Respektierung der Menschenwürde – der Mensch im Mittelpunkt – zu beantworten, verlieren innerhalb der ÖVP die vier Eckpunkte des Parteienquadrats nicht nur den Charakter der Nachhaltigkeit, sondern ihre Valenz überhaupt.